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                   Der Rekrut von Philippsburg
Im polnischen Erbfolgekrieg (1733 bis 1736) soll auf den Festungswällen in Philippsburg ein blutjunger Rekrut zwölf angreifende Franzosen in den Wallgraben geschickt haben, in der einfältigen Meinung, der Angreifer wäre einer und immer der gleiche. Einer unserer Besten, Johann Peter Hebel, erzählt diese Begebenheit als Anekdote und K. Simrock gab sie Anlass zu folgendem Gedicht:

 

Vor Philippsburg der Franzmann lag, die Reichsarmee darinnen.
Die Feinde meinten Tag für Tag, die Festung zu gewinnen.
Viel Bomben flogen hin und her, und platzten sie, so kracht' es sehr!
Das musste man gewohnen.

Da stand beim Sturm einst ein Rekrut abseits auf seinem Posten;
Er dacht in seinem dummen Mut: "Hier wird's den Hals nicht kosten;
Der D'Asfeld greift dort hinten an, hier kann ich ruhig Schildwach stahn!"
Ist aber anders kommen.

Denn just ersah'n den schwachen Fleck der Franzmann sich ein Dutzend
Und richteten die Leiter keck, auf ihre Menge trutzend;
Sie meinten sich schon oben drauf, ha! klommen sacht den Wall herauf,
Der Eine hinterm Andern.

“Ei sieh, ein schwarzgeschnauzt Gesicht da drüben auf der Mauer!
Ha! galt mir diese Kugel nicht? Willst Du hinab, Du Lauer!"
Doch weil von selber er nicht ging, So wies er mit der Degenkling
Ihn höflich in den Graben.

Nun, dacht er, wird wohl Fried im Land! Ging ruhig auf und nieder,
Doch plötzlich vor der Brüstung stand der schwarze Schnauzbart wieder.
"Bist Du noch einmal da, Du Fratz? Und hast noch Pulver? Platz, mach Platz!
Nun aber kommst Du nimmer!"

Da hat er doch zu viel gesagt, denn vor der Mauer kauzte
Schon wieder, den er zweimal verjagt, der leid'ge Schwarzgeschnauzte.
“Ei, Du verwetterter Franzos! Wann werd ich dich wohl einmal los?
Da lieg' und komm' mir wieder!"

So ging es noch zum Vierten Mal, zum Fünften und so weiter;
Er stieß die volle Dutzendzahl den Franzmann von der Leiter.
Doch endlich als die Stunde schlug, löst ihn der Waibel ab und frug:
"Ist nichts zu rapportieren?"

"Ja doch, hier hat mir eingeheizt ein schwarzer Bärenhäuter,
Ich hab' ihm oft den Kopf geheizt, doch ward er nicht gescheuter.
Wohl zwölfmal hat er angesetzt, doch still im Graben liegt er jetzt."
Da lagen aber Z w ö l f e.

Man frug beim Kommandanten an: "Was soll er Stechgeld haben?
Nur einen hat er abgetan, doch liegen zwölf im Graben!"
Da lachte der, das war ein Glück, und ließ ihm ein Halbguldenstück      
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für jeden Schnauzbart reichen.

K. Simrock

 

           DER FURTWANGER IN PHILLIPPSBURG
Im Jahre 1734, als der Franzos Sturm lief auf Philippsburg, und die Reichstruppen lagen darin, steht ein Rekrut, ein Furtwanger, auf einem einsamen Posten seitwärts vom Angriff, und denkt: "Wenn's nur nicht hieher kommt!" Indem wächst ganz leise eine französische Grenadierkappe hinter dem Rempart herauf - und kommt ein Kopf nach mit einem Schnauzbart, wie wenn der Mond aufgeht hinter den Bergen; denn ein paar Dutzend Waghälse hatten draußen eine Sturmleiter angelegt, um unbeschrien auf den Rempart zu kommen, und sahen die Schildwache nicht, dass eine da sei. Springt der Furtwanger herbei, und gibt dem Franzosen einen Stich. Pfeifen auf einmal Kugeln genug um ihn her aus Windbüchsen und geht ein zweites Franzosengesicht auf hinter dem Rempart. Gibt ihm der Furtwanger auch einen Stich, und sagt: "Aber jetzt kommst du nimmer." ITEM: es kam der dritte und der vierte und bis zum zwölften. Als der Sturm abgeschlagen war, und der Platzkommandant auf dem Platz herumritt, ob alles in Ordnung sei, sieht er von weitem die Sturmleiter und zwölf tote Franzosen dabei, und wie er zu dem Posten kommt, fragt er den Furtwanger: "Was hat's hier gegeben? - "So?" sagt der Furtwanger, "ihr habt gut fragen. Wisst ihr, dass mir Einer mehr zu schaffen gemacht hat, als euch Alle. Nur zwölfmal hinter einander hat er angesetzt. Unten im Graben muss er liegen." Denn er meinte, es sei immer der nämliche gewesen, und es könne nur mit dem Bösen zugegangen sein, dass ihm allemal hinter dem Bajonett die Wunde wieder heilte. Da lächelte der Kommandant und die Officiere, so mit ihm waren, und nahm ihm seinen Unverstand nicht übel, sondern ließ ihm für jeden ein Halbguldenstück Stechgeld bezahlen, und durfte er überdies selbigen Abend auf Rechnung der Reichs-Operationskasse Wein trinken und Speck essen, so viel er wollte.

Johann Peter H e b e l                                     nach oben                    

  Heimatliche Anekdote aus den Revolutionsjahren 1848/49
Als es in den 48er Jahren des vor-vorigen Jahrhunderts allenthalben unter dem Volk links und rechts des Rheins zu kochen und zu gären begann, da herrschte in unserem Städtchen ein gar strenger großherzoglicher Amtmann, der es sich partout in den Kopf gesetzt hatte, in seinem Amtsbereich auch schon den leisesten Hauch einer Revolution im Keime zu ersticken. Insonderheit hatte es der Herr Amtmann auf die Kopfbedeckung abgesehen, denn wer einen Hut à la Hecker trug - mit breitem Rand und kecker Feder gar - der war politisch verdächtig.

Schlürfte da eines Morgens der alte "Promenadenbäcker" Breitner in ausgetretenen Pantoffeln und mit breitkrempigem Schlapphut über den Marktplatz, um drüben beim "Drachenwirt" schnell ein feuchtfröhliches "Guten Morgen" zu sagen, als die eben begonnene "Weinrees" jäh unterbrochen wurde. Vom Fenster des nahen Dienstgebäudes aus hatte der pflichteifrige Amtsvorsteher unseren biederen Bäckermeister kommen sehen, erfasste mit einem Blick dessen breitrandige, hochpolitische Kopfbedeckung, als er im gleichen Augenblick auch schon zur Tür hinausfuhr, um den vermeintlichen "Revoluzzer" persönlich zu stellen und schnaubte diesen an: "He! seh' ich recht? Ich glaube der Kerl trägt einen Heckerhut?!" Worauf der Promenadenbäcker in aller Gemütsruhe zur Antwort gab: "Nee, Irrtum, Herr Amtmann, des isch en Bäckershut!"

Der engherzige Amtsmann aber verstand keinen Spaß und ließ unseren schlagfertigen Bäckermeister für 3 Tage in den "hinteren Räumen" des Amtshauses "Wohnung" nehmen.

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